Stefan Birk
Warum sprechen wir von "Work Design" und warum ist das heute wichtig? Einige kurze Gedanken, was sich seit den Neunzigerjahren in unserer Arbeitswelt grundsätzlich geändert hat und warum uns das
zum Thema "Work Design" führt.
Kleiner Mitarbeiter bei großem Konzern
Als ich 1991 meine erste Stelle als Referent in der Konzernleitung der Fried. Krupp AG in Essen angetreten habe, waren manche Dinge besonders wichtig für mich: die Aufgabe, die Kollegen, der neue
Chef. Über all diese Dinge wurde ausführlich im Bewerbungsgespräch gesprochen. Damals nicht der Rede wert war wie man untergebracht war, welche Arbeitszeiten man hatte und welche (technische)
Ausstattung vorhanden ist. Natürlich zählte das für den Einzelnen schon damals, allerdings wäre wohl niemand mit Karriereanspruch auf die Idee gekommen, das zum Gegenstand einer Diskussion zu
machen. Das Büro war eben so wie es ist und die Arbeitszeiten im Büro festgelegt. Im Zweifel hatte man ohnehin mindestens 50 Stunden pro Woche anwesend zu sein. Die Frage nach individuellen
Lösungen hinsichtlich des Arbeitsorts oder besonderer Ausstattung wäre auf größtes Unverständnis gestossen. Noch grösseres Kopfschütteln hätte die Frage nach der Arbeitsorganisation oder gar der
Arbeitskultur ausgelöst. Mehr als einige Äußerungen zu Kollegialität und offizieller Hierarchie hätte man wohl nicht bekommen.
Die Arbeitswelt wird bunter und komplexer
Das ist heute anders. Es ist in den letzten Jahren eine Diskussion um Arbeitsort, Arbeitsplatz, Arbeitszeit, Arbeitsausstattung, die Art der vertraglichen Bindung und sogar zu Fragen der Arbeitskultur entstanden, die noch vor 20 Jahren völlig undenkbar war. Ob bei großen oder kleinen Unternehmen: immer mehr potentielle Mitarbeiter fordern Antworten, wenn es zu Fragen wie "Home Office", "Teilzeit", "BYOD" (Bring your own device), Freiberuflichkeit usw. geht. Auch wenn heute die meisten Arbeitsplätze noch aussehen wie vor 20 Jahren: die Arbeitswelt ist bunter geworden und genau das spüren Unternehmen heute, wenn sie mit potentiellen Mitarbeitern sprechen.
"Die Gefängnistür steht weit offen."
Man muss es nicht so drastisch ausdrücken wie Catharina Bruns in ihrem Buch "Workisnotajob". Aber eines ist gewiss: die Entwicklung wird sich kaum noch aufhalten lassen. Nicht nur, weil die technischen Hilfsmittel vorhanden sind, sondern insbesondere weil den Arbeitenden immer mehr bewusst wird, dass ihre aktuelle Arbeitswelt nicht "gottgegeben" ist (oder noch schlimmer: das Resultat eines langen Optimierungsprozesses). Sie ist nichts anderes als eine zum Industriezeitalter passende Organisation von administrativer Arbeit. Logisch, dass im Digitalen Zeitalter eine andere Art zu arbeiten nötig wird. (Wer diese Entwicklung zum Beispiel für das Thema "Arbeitsplatz" ausführlich nachlesen möchte, dem sei das Buch von Nikil Saval "Cubed - A Secret History of the Workplace" empfohlen. Saval stellt die Entwicklung des administrativen Arbeitsplatzes in den historischen Zusammenhang.)
Work Design = Aktive Gestaltung der Arbeit im Unternehmen
Nach vielen Jahrzehnten des Stillstands im Industriezeitalter kommt also wieder Bewegung in die Diskussion. Wir sind in einer historischen Umbruchphase, in der sich neue Ideen zu Organisation, Management und Arbeitstechnik verbinden mit den Interessen aller (Wissens-)Arbeiter. Hier kommt etwas in Gang, das einer tektonischen Verschiebung in der Arbeits- und Unternehmenswelt gleicht und weit über die Gestaltung von Büroräumlichkeiten hinausgeht. Die Unternehmen wären gut beraten, die Entwicklung nicht zu unterschätzen und sich systematisch mit den Änderungen der Arbeitswelt auseinanderzusetzen. Dabei muss klar sein: passiv auf die Änderungen zu reagieren wird nicht ausreichen. Die Unternehmen müssen die Arbeit der Zukunft aktiv mitgestalten. Das ist, was wir mit Arbeitsdesign oder neudeutsch "Work Design" meinen: Die aktive Gestaltung der Arbeitswelt im Unternehmen insgesamt und den Design der spezifischen Arbeitsbedingungen für den einzelnen Mitarbeiter.
Arbeitsdesign, workdesign, Arbeitsort, Arbeitszeit, Arbeitsorganisation, Arbeitskultur, ifazModell