Work in Progress, Teil 2: Interaktion, Inhalte, Internet bei #wiphh

Simone Lackerbauer

 

Es ist natürlich unmöglich, alle Panels und Podiumsdiskussionen des spannenden Xing New Work Day im Rahmen der Work in Progress-Konferenz in einem einzigen Blogbeitrag zu verarbeiten. Doch eine Stärke des Vernetztseins liegt ja auch gerade darin, dass nicht einer als einzige Quelle über alles berichten muss, sondern dass aus dem Event ein  vielstimmiger Kanon wird, zu dem jeder mit seiner eigenen Stimme beitragen kann - siehe das Twitter-Hashtag #wiphh. So existiert dieser Kanon auch in der Gestaltung der Arbeit der Zukunft: Betont wurde heute vor allem, dass der Paradigmenwechsel nur dann stattfinden kann, wenn wir alle ein Teil davon sind. Uns sind vor allem drei Schlagwörter aufgefallen, die aus verschiedenen Perspektiven immer wieder auftreten: Interaktion, Inhalte und Internet.

Bevor wir in medias res gehen: Ein paar unserer persönlichen Highlights mit Bildern und denkwürdigen Zitaten finden Sie deshalb bei uns auf Twitter unter @ifaz14. An dieser Stelle auch noch einmal herzlichen Dank an alle Retweets, Favorites und neuen Follower!

 

Das Grußwort des 1. Bürgermeisters Olaf Scholz gleich zu Beginn war eigentlich auch schon ein Vortrag. Sein Eingangs-Statement: Voraussagen sind immer schwierig, wenn sie die Zukunft betreffen. So zitierte er dazu den Bericht an den Club of Rome aus den 1980er 80er Jahren (Wie wir arbeiten werden) und erwähnte, dass das von Jeremy Rifkin prognostizierte Ende der Arbeit ja auch immer noch nicht stattgefunden habe. In der Arbeitsmarktpolitik wird der Begriff „Flexicurity“ weiterhin eine große Rolle spielen. Mit mehr als 30 Millionen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten (42 Millionen insgesamt) ist es dringend notwendig, die Arbeitswelt nicht technisch, sondern auch menschlich zu verbessern. Scholz rät deshalb unter anderem dazu, kalifornischen Innovationen und Ideen auch mit hanseatischer Nüchternheit zu begegnen. Denn erst dann sind Innovationen wirklich zukunftsweisend, wenn sie den Einzelnen in den Mittelpunkt stellen und das Leben so verbessern. Er nennt die Hamburger Kreativgesellschaft – Veranstalter der Work in Progress – als ein Modell dafür, wie Inhalte kreativer Arbeit in Zukunft mehr Wertschätzung erhalten können.

 

Nach den Grußworten der Veranstalter betritt Jeremy Rifkin die Bühne. Über seine Thesen mag Uneinigkeit herrschen, doch er hat eine spannende Vision mitgebracht: Die Null-Grenzkosten-Gesellschaft – das Ende des Kapitalismus? In seinem neuen Buch beschreibt er ausführlich, was wir hier nur kurz anreißen können: Wir stehen vor einer 3. Industriellen Revolution; die Lösung sind globale Shifts in der Weise, how we manage, power, and transport energy. Kapitalismus hat seiner Theorie nach ein neues Modell hervorgebracht, nämlich das der Sharing Economy, das neben dem Kapitalismus bereits als hybride Wahlmöglichkeit existiert. Rifkin sieht drei verschiedene „Internets“, die in Zukunft konvergieren werden und die Sharing Economy zur besseren Variante erheben: das Communication-Internet, das Renewable-Energy-Internet und das Transport-Logistics-Internet. In diesem „Internet of Things“ können Produktionskosten auf nahezu Null optimiert werden, weniger Ressourcen des Planeten müssen verbraucht werden und die Produkte werden effizienter verteilt. Maschinen übernehmen diese standardisierten Arbeitsprozesse und Menschen können sich mehr auf den 3. Sektor – Handeln für die Gesellschaft – konzentrieren. Gewagt, aber wo wenn nicht auf einer solchen Konferenz, können solche Statements in den Raum gestellt werden – als neue Perspektive für die gemeinsame Gestaltung der Arbeit der Zukunft.

 

Besonders spannend waren im Anschluss auch die Podiumsdiskussion zu Strategien für die Arbeitswelt von morgen, die Unternehmenspräsentationen im Panel Digital ist anders – der Wandel der Kreativwirtschaft mit der Digitalisierung (Musik und Film), sowie der kleine Workshop Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Zeiten radikaler Transparenz. Denn die Reihenfolge der Vorträge spiegelt den aktuellen Stand der Dinge und die nötigen nächsten Schritte wieder: Vielerorts wird global über die Arbeitswelt von morgen gesprochen – der Standard der Arbeit verändert sich und man muss darauf reagieren. Doch die Debatte spielt sich oftmals auf rein theoretischem Niveau ab. Viel konkreter zeigten sich da die Beispiele bereits abseits ausgetretener Pfade gegründeter Unternehmen: Einzelne oder kleine Kreativgemeinschaften setzen ihre Ideen einfach in die Tat um und lernen, während sie sich entwickeln. Unternehmen wiederum sollten sich dann diese Best-Practice-Beispiele genau ansehen. Nicht nur aus innovativ-technischer Sicht, sondern auch aus menschlicher Sicht: Viele große Firmen haben Mühe, Stellen zu besetzen, weil potenzielle Arbeitnehmer zuvor sehr genau wissen wollen, worauf sie sich einlassen und wie dafür gesorgt wird, dass sie einen sinnhaften Beitrag leisten können – denn das erfolgreiche Finden des Sinnes in der Arbeit assoziieren wir heute eher mit Start-Ups.

 

Fassen wir den Tag noch einmal kurz zusammen:

 

Interaktion steht im Fokus der Debatte über die Arbeit der Zukunft. Denn Plattformen nur technisch bereitzustellen, garantiert noch lange nicht, dass sie auch entsprechend genutzt werden. Erst die Interaktion mit den vernetzten Nutzern haucht technischen Umgebungen Leben ein. Egal, ob es sich dabei um eine Karriere-Plattform wie Xing handelt, um eine von Jeremy Rifkin geforderte „Digital Bill of Rights“, oder um Gespräche zwischen verschiedenen Hierarchiestufen eines Unternehmens zur Gestaltung einer besseren Arbeitswelt.

 

Inhalte stehen im Fokus der Debatte über die Arbeit der Zukunft. Die Wertschätzung der Arbeitszeit und der kreativen Leistung steht für Arbeiter im Vordergrund: Das Arbeitsleben soll mit Sinn erfüllt sein und für die bloße Anwesenheit bezahlt zu werden reicht jungen Talenten nicht mehr aus. Mehrfach wurde erwähnt, dass die „weichen“ Selektionskriterien die rein monetären und hierarchischen Faktoren überlagern: Die Arbeit muss zur aktuellen Lebenssituation passen, nicht die Lebenssituation zur Arbeit.

 

Internet steht im Fokus der Debatte über die Arbeit der Zukunft. Wobei es eigentlich „Internets“ heißen müsste, denn aus dem einen Netz der Netze sind längst mehrere geworden, die sich nur provisorisch unter dem Namen Internet of Things zusammenfassen lassen. Sharing Economy, Peer-to-Peer-Modelle und die Fülle an Daten, die abrufbar, abgleichbar, analysierbar sind, erlauben heute völlig neue Modelle des vernetzten Denkens und Handelns. Jedoch sind diese an vielen Stellen bislang nur Ideen, die nun mit Leben gefüllt werden müssen.

 

In diesem Sinne verabschieden wir uns für heute und freuen uns auf einen zweiten spannenden Work in Progress-Tag morgen.