Stefan Birk
„Wir bringen Leben in die Arbeitswelt!“ – das ist das Motto des gemeinnützigen Vereins Gleis 7 e.V. in Rostock. Und das meinen die Mitglieder des Vereins auch tatsächlich ernst. Wer mit den Mitgliedern von Gleis 7 e.V. spricht, trifft hoch motivierte Menschen, die Spaß bei ihrer Arbeit haben und ausreichend Zeit und Kraft für ein erfülltes Leben drum herum.
Gleis 7 e.V. wurde vom Team des ehemaligen Kompetenzzentrums Vereinbarkeit Leben in Mecklenburg-Vorpommern beim Landesfrauenrat MV e.V. gegründet. Klingt kompliziert, weist aber schlicht darauf hin, dass Ausgangspunkt für diese Initiative die Vereinbarkeit von Erwerbs- und Privatleben war.*
Aber man wollte sich nicht damit zufrieden geben, das Thema zu erforschen und staatlich geförderte Projekte zu begleiten. Das Ziel ist heute weiter gefasst: Der Verein will darauf hinwirken, dass Arbeitsplätze entstehen, die Freude machen und auf denen man sich mit Herzblut und all seinen Stärken und Schwächen einbringen kann. Daran arbeiten die Mitglieder von Gleis 7 auf vielfältige Weise: es werden Arbeitszeitmodelle mit mittelständischen Unternehmen gestaltet, Arbeitskreise für Personaler durchgeführt und pragmatisch an der Integration von Flüchtlingen gearbeitet. Und auch das unabhängige Projekt eines „Co-working Space“ projekt:raum profitiert von dem kreativen Biotop von Macherinnen und Machern.
Auch wenn die Initiative nicht so marktschreierisch daherkommt, der Co-working Space nicht den Bürolandschaften der Designexperten gleicht und die Beteiligten nicht unmittelbar davor stehen, das nächste Google zu sein: das Beispiel ist bestechend. Hier erschafft nicht ein Großunternehmen mit viel Geld eine „innovative Arbeitswelt“, welche sich in Hochglanzbroschüren für gut ausgebildete Hochschulabgänger als besonders kreativ verkauft. Sondern es ist vielmehr der Ansatz von unten – das heißt von einer Gruppe kluger und erfahrener Praktiker selbst - der etwas in Bewegung bringt.
Wer das ifaz ein bisschen kennt, weiss natürlich, dass uns das interessiert. Hier kann man eine Menge lernen, um den Bedingungen für kreative und innovative Arbeitsplätze nachzuspüren. Oder um die Frage zu beantworten: Auf welche Weise gestaltet man Arbeit um, damit die Menschen sich nach ihren Vorstellungen entwickeln und genau deshalb die Organisationen erfolgreicher, kreativer, innovativer werden? Weil ja nur etwas in Gang kommt, wenn alle Seiten etwas davon haben.
Unsere These ist: Nur wenn sich viele solche Initiativen gründen, um die eigenen Arbeitsbedingungen, aber auch die anderer zu ändern, nur dann wird die Vision von einer guten Arbeitswelt erreichbar. Überlässt man Diskussion und Konzeption den Konzernen, wird die Versuchung für diese zu groß sein, wieder alles bloß in den Dienst weiterer Produktivitätssteigerungen zu stellen. Und damit den entscheidenden Punkt zu verpassen.
Also wer nach Rostock kommt (oder bereits da ist!) und Lust hat, in einem produktiven und freundlichen Klima die neue Arbeitswelt auszuprobieren und zu diskutieren, dem sei ein Besuch im projekt:raum und insbesondere ein Treffen mit den Mitgliedern von Gleis 7 e.V. ans Herz gelegt. Und wer selbst eine solche Initiative kennt oder bei ihr mitmacht, sei herzlich eingeladen, als Gastautor auf unserem Blog die Werbetrommel dafür zu rühren.
* Übrigens mal wieder ein Hinweis darauf, dass das Thema „Beruf und Familie“ das Potential hat, die Debatte über die Arbeit der Zukunft auszulösen.